Artikel-Informationen
Ansprechpartner/in:
Herr Hermann Meyer-Dulheuer
Sozialgericht Hildesheim
Pressesprecher
Otto-Franzius-Straße 2
31137 Hildesheim
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Fax: 05141/593734400
Hildesheim, den 10. März 2022
Das Sozialgericht Hildesheim hat entschieden, dass schwerbehinderte Menschen ihren Anspruch auf Erteilung eines Merkzeichens im gerichtlichen Eilverfahren nur in eng begrenzten Ausnahmefällen durchsetzen können. Ihnen ist grundsätzlich zumutbar, das gerichtliche Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Zugrunde lag das Verfahren eines 18-jährigen Mannes aus Adelebsen. Bei ihm lag ein Grad der Behinderung von 50 aufgrund seelischer Störungen vor. Nun begehrte er in einem vor dem Sozialgericht Hildesheim anhängigen Klageverfahren die Anerkennung der Merkzeichen „G“ und „B“. Gleichzeitig stellte er einen Antrag auf Zuerkennung der Merkzeichen im einstweiligen Rechtschutzverfahren.
Der Mann argumentierte, dass er ohne die beantragten Merkzeichen von der Teilhabe am sozialen und öffentlichen Leben, wie etwa einem Besuch im Kino, Fußball oder anderen Veranstaltungen, vollständig ausgeschlossen sei. Auch eine Teilhabe am Arbeitsleben sei ihm ohne die Merkzeichen kaum möglich. So sei im Frühjahr die Teilnahme an einer ausbildungs-/berufsvorbereitenden Maßnahme bei der ifas in Göttingen geplant, für deren Antritt er auf die Merkzeichen angewiesen sei.
Das Sozialgericht lehnte unter Verweis auf die gängige Rechtsprechung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen seinen Antrag im Eilverfahren ab. Die Erteilung der Merkzeichen würde eine Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache darstellen. Eine solche Vorwegnahme im sozialgerichtlichen Eilverfahren sei zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, könne aber nur in eng begrenzten Ausnahmefällen angenommen werden, wenn ein Abwarten der Entscheidung im Hauptsacheverfahren eine besondere Härte für die betroffene Person darstellen würde. Das sei der Fall, wenn der Antragsteller gerade jetzt auf die Erteilung des Merkzeichens angewiesen sei und ihm bei einem weiteren Abwarten schwerwiegende Nachteile drohen würden. Die Geltendmachung eines wesentlichen Nachteils erfordere die konkrete Darlegung schwerwiegender Gründe, die über den mit jedem Verfahren verbundenen Zeitablauf hinausgehen. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes stelle kein Instrument zur Beschleunigung des Hauptsacheverfahrens dar. Dem Mann würden durch ein Abwarten keine schwerwiegenden Nachteile drohen, die im selben Maß nicht auch andere Kläger treffen, denen die Bewegungsmöglichkeiten im Straßenverkehr behinderungsbedingt erschwert oder unmöglich seien. Die Teilnahme an der ausbildungs-/berufsvorbereitende Maßnahme sei schließlich durch den von der Bundesagentur für Arbeit bewilligten Fahrdienst sichergestellt. Der Mann sei in dieser Situation daher gehalten, das laufende Klageverfahren abzuwarten.
Der Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim ist noch nicht rechtskräftig. Der Antragsteller hat Beschwerde hiergegen beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen eingelegt.
Sozialgericht Hildesheim, Beschluss vom 24. Februar 2022 – S 17 SB 2/22 ER –Artikel-Informationen
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